Mittwoch, 1. September 2010

De Weech uff Hanoi

Nach einem letzten Tag und einem ziemlich guten franzoesischen Nachtessen haben wir Vientiane hinter uns gelassen. Den Namen haben die Franzosen schrottig transkribiert, die Stadt heisst eigentlich Vieng Chan / Stadt der Elefanten, was definitv auf die behaebige Lebensart in der wohl verschlafensten Hauptstadt der Welt verweist (Nach Chang / Elefant ist uebrigens das beste thailaendische Bier benannt, die Sprachen sind verwandt). Vieng Chan ist nicht nur ruhiger, sondern auch sauberer als Bangkok. Zwar gibt es auch hier eine Menge heruntergekommener Infrastruktur, aus den Loechern im Gehweg spitzeln jedoch keine Ratten heraus, wie in Bangkok.


Hier noch ein paar Eindruecke:


Die letzten 2 Bilder zeigen die hiesige Grundschule, man beachte die laotische und die Sowjetflagge, die die Tafel flankieren.
 
 
Hier noch ein Beispiel laotischer Handwerkskunst, die wohl jeden rechtschaffenen deutschen Handwerker auf der Stelle erblinden lassen wuerden. Unsere Augen wurden gluecklicherweise nur soweit geschwaecht, dass die typisch laotische Rote-Augen-Seuche ein 1:0 gegen unser Immunsystem landen konnte. Als kluge Taktiker konterten wir jedoch umgehend mit antibiotischen Augentropfen und sehen hoffnungsvoll, wenn auch mit truebem Blick, der Verlaengerung entgegen.


















Als naechstes ging es auf eine 24stuendige Fahrt mit einem Schlafbus voller furzender Vietnamesen nach Hanoi. Dachten wir zuvor, der Ritt mit dem Eichhernlefresser, der mit stiller Befriedigung seinen Karch zu Schanden heizte, waehrend er Hammer und Amboss der Passagiere mit ungleich weniger stiller Zwangsbeschallung (Bravo Black Hits der 90er) schaendete, waere der Gipfel gewesen, so wurden wir nun eines besseren belehrt. In rund 18 Stunden dieses Hoellenritts wurden wir mit homoerotisch inspirierter asiatischer Popmusik auf voller Lautstaerke und mit Bild! maltraetiert.Diese, auf Ingwergitarren vorgetragenen Machwerke stellen die musikalische Fusion aus chinesischem Restaurant-Hintergrundgedudel und dem deutschen Mutantenstadl dar. Vorgetragen wird diese unheilige Allianz des schlechten Geschmacks von dauergrinsenden Tunten in quietschbunten Anzuegen die selbst Elton Johns (sicherlich perfekt pedikuerte) Zehnaegel aufrollen wuerden. Ausserdem klingt dieses sirenenartige Gewinsel immer gleich. Das unfreundliche Gezeter der vietnamesischen Grenzbeamten war eine echte Erholung fuer unsere Sinne, speziell die Ohren.


Und das ist auch gut so, denn Hanoi ist die Hauptstadt des Radaus. Vom 12-jaehrigen Bub bis zur 90-jaehrigen Oma tuckert hier jeder der 9 Mio Einwohner mit einem Mofa-Roller herum und hupt waehrenddessen alle paar Sekunden. Das ist keine Uebertreibung, an jedem Ort der Stadt hoert man konstantes Geknatter und Gehupe. Eine Schimpftirade von Alice Schwarzer ist eine Haydn-Symphonie dagegen. Und sie weist eine geordnete Struktur auf, was man vom Verkehr hier nicht sagen kann. Verkehrsregeln gibt es kaum, selbst 5-er Kreuzungen haben keine Ampeln und auf einer Spur fahren bis zu 6 Rollern nebeneinander in einem konstanten Strom. Falls noch Roller 7, 8 oder 9 dazu kommen, weichen diese einfach auf den Buergersteig aus, sofern da keine Roller parken oder irgendeine Strumbel ein Feuer entfacht um Tintenfische oder aehnliches Getier zu roesten. Der Fussweg durch die Stadt (und wir haben uns diesen selbstverstaendlich nicht nehmen lassen) ist fast spannender wie die Sehenswuerdigkeiten selbst.



Doch nicht dass hier ein falscher Eindruck entsteht. Unsere hehren Integrationsbemuehungen

tragen Fruechte und wir werden fast allerorts gut aufgenommen. An einer laotischen Raststaette wurden wir von einer Gruppe von Maennern spontan zum Mitessen eingeladen (und das Zeug, darunter ganze Tintenfische war sau gut), die Buben hier im Hanoi Blue Sky sind extrem freundlich wie eigentlich alle Leute, die einem nicht direkt irgend was andrehen wollen, sehr nett und offen sind. Vietnam ist auf jeden Fall eine Reise wert und an den Radau gewoehnt man sich auch erstaunlich schnell. Nur dass wir die ersten Tage zurueck in der Heimat wohl neben der Autobahn schlafen muessen, um von der ungewohnten Stille nicht um den Schlaf gebracht zu werden.

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